von Karin Weigl
Leadership Coach socialmentoring 2016/17, 17. August 2017

Vorstellungen und Erwartungen kennen wir alle. Wir haben sie an uns, und auch an andere. Und oft sind diese Vorstellungen und Erwartungen Ursachen für Unklarheiten. Oft sind unsere Vorstellungen und Erwartungen auch unbewusst: wir kommen gar nicht auf die Idee, dass jemand anderer eine Situation ganz anders sehen könnte. Dementsprechend sprechen wir dann auch nicht darüber. Wir gehen davon aus, dass es klar ist, was zu tun ist und wer zum Beispiel in einer Zusammenarbeit welche Rolle oder Aufgabe hat.

Rolle oder Funktion?

Im letzten socialmentoring-Trainingsdurchgang zeigte sich immer wieder, dass Unklarheit in den Rollen Unruhe in die Zusammenarbeit zwischen MentorIn und Mentee bringt.
Die Funktion des Mentors/der Mentorin in socialmentoring lässt sich allgemein gut beschreiben als BegleiterIn des/r Mentee auf seinem/ihrem Weg der beruflichen und persönlichen Weiterentwicklung.
Die Beschreibung der Rolle(n) ist allerdings individuell auf den/die jeweilige/n PartnerIn abzustimmen und hängt auch von konkreten Situationen ab.
Für die teilnehmende Führungskraft bedeutet dies, dass sie hier in ihrer Funktion MentorIn (und nicht Führungskraft!) für den/die Mentee ist. In Ihrer Rolle kann sie grundsätzlich BeraterIn, ExpertIn, Coach, Leader oder auch OrganisatorIn sein. Situativ kann es aber auch beispielsweise die Rolle der ModeratorIn in einem Meeting, der VermittlerIn, der TroubleshooterIn oder auch der Vertrauensperson sein.

Was ist meine Rolle?

Die Rollenklärung trägt dazu bei, dass beide ein gemeinsames Verständnis ihrer Rollen haben. Das ist nichts, was von außen vorgegeben werden kann. Das ist etwas, was sich aus der Beziehung heraus zeigt und welche Form der Unterstützung der/die Mentee individuell benötigt.
Wenn ein/e MentorIn sich also zu stark in seiner/ihrer gewohnten Rolle als Führungskraft sieht und sich nicht zu tief in eine persönliche Beziehung einlassen möchte, weil es für ihn/ sie ein beruflicher Kontext ist, dann kann das Enttäuschung beim/bei der Mentee hervorrufen. Diese/r hat sich vielleicht mehr emotionale Unterstützung und ein freundschaftliches Verhältnis erwartet. Vor allem, wenn dies vorher nicht ausgesprochen und geklärt wurde.
Wenn der/die MentorIn sich in einer helfenden Rolle sieht, kann es sein, dass er/sie zu viel Unterstützung gibt, zu hohe Erwartungen an den Erfolg seines/r Mentee hat und das Ergebnis persönlich nimmt.
Wenn ein/e Mentee sich erwartet, dass mit dem/der MentorIn jemand da ist, der ihm/ ihr „das Leben in Ordnung bringt“, dann kann auch das zu Frustration führen, wenn der/die MentorIn diesem Auftrag nicht nachkommen kann und will.

Gemeinsam klar und arbeitsfähig sein

Das erste Treffen zwischen MentorIn und Mentee sollte also vor allem dazu da sein, die Erwartungen und Rollen zu klären und sich gemeinsam diese und ähnliche Fragen zu stellen:
• Was erwarten wir uns von dieser Zusammenarbeit?
• Welche Erwartungen des/r jeweils anderen kann/ will ich (als MentorIn/ Mentee) erfüllen? Welche nicht?
• Was darf in der Zusammenarbeit nicht passieren?
• Was brauchen wir in der Zusammenarbeit voneinander (z.B. Spielregeln, Verlässlichkeit, Pünktlichkeit, Vertraulichkeit …)
• Was ist der Auftrag an den/die MentorIn seitens Mentee? (z.B. motivieren, bestärken, recherchieren, Impulse geben …) Und kann/ will der/die MentorIn diesem in der gewünschten Form nachkommen?
Diese Regeln für die Zusammenarbeit schaffen eine arbeitsfähige Beziehung, in die sich beide einlassen können. Am besten werden diese Vereinbarungen schriftlich festgehalten und von beiden unterschrieben. Falls während der gemeinsamen Zeit Unklarheiten auftreten, kann man diese Vereinbarung immer wieder hernehmen und überprüfen und ggf. ergänzen. Das schafft Commitment, Klarheit und eine gute Basis für eine gelingende, gemeinsame Zeit.

Karin Weigl / Leadership Coach

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